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Pionier im digitalen Universum

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29. Juni 2016
 
Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte wurden so schnell so viele Daten erzeugt. Sie werden immer mehr zu einer wertvollen Ressource. Doch gleichzeitig erschwert die stetig wachsende Datenflut, dieses „Gold“ der digitalen Revolution zu heben. Dr. Peter Baumann, Professor für Informatik an der Bremer Jacobs University, macht die Daten nutzbar –  etwa zur besseren Vorhersage von Naturereignissen. Er ist Hochschullehrer, Wissenschaftler und Unternehmer.  
 
„Rasdaman“ heißt das Unternehmen von Professor Dr. Peter Baumann, Jahrgang 1961. Der Begriff steht nüchtern-sachlich für „Raster Data Manager“, schließlich ist er Informatiker. Aber Baumann ist auch Musikfreund. So wählte der gebürtige Rosenheimer für seine Firma die Farben Rot, Gold, Grün – die Kennzeichen der Rastafari-Bewegung, der einst auch die Reggae-Legende und „Rastaman“ Bob Marley angehörte. 
 
Hinter „Rasdaman“ steht eine vielfach preisgekrönte, international erfolgreiche Software, die multidimensionale Datenstrukturen, Arrays genannt, sichtet, standardisiert, aufbereitet und bewertet. „In der Forschung macht man normalerweise keine großräumige Softwareentwicklung“, sagte Baumann. „Man entwickelt Ideen, probiert sie aus, schreibt ein Papier. Oft fehlt die Nachhaltigkeit, gehen Dinge verloren. Das wollten wir nicht.“ 
 
Der Bayer versteht sich als Wissenschaftler und Ingenieur. Es reicht ihm nicht, ein Thema zu durchdenken, er will auch praktisch nutzbare Lösungen anbieten. „Je vielfältiger man sie verwenden kann, desto besser.“ So stellt seine Firma mit ihren sieben Mitarbeitern in enger Zusammenarbeit mit Jacobs University eine Open Source Version von Rasdaman zur Verfügung. Gemeinsam entwickeln beide Partner die Technologie ständig weiter. 
 
Baumann ist in den unendlichen Weiten des Datenuniversums als eine Art Entdecker unterwegs. Er sichtet die Daten, analysiert sie, entlockt ihnen Informationen. Dabei hat er es mit immer größeren drei-, vier- und fünfdimensionalen Datenmengen zu tun. Sie stammen von Satelliten und Sensoren, die zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten die Erde abtasten. Sie enthalten Vegetationsangaben, Ozeananalysen oder erfassen Strukturen, wie zum Beispiel Dächer. Aber auch computer-generierte Daten, wie etwa Wettervorhersagen, werden mit Rasdaman verwaltet und analysiert.
 
Miteinander kombiniert und vernetzt liefern sie neue Erkenntnisse: Über die Ausbreitung von Buschfeuern in Kalifornien etwa, über Veränderungen im Eis der Arktis, die Entwicklung der Größe von Flüchtlingslagern oder Voraussagen über eine drohende Wasserknappheit. „EarthServer“ heißt dieses von der Jacobs University koordinierte und von der EU geförderte Projekt, das Partner aus Europa, Australien und den USA zusammen bringt.
 
Sogar in den Weltraum wird Rasdaman jetzt vorstoßen. Die Europäische Weltraumbehörde wird das Programm auf einem ihrer Satelliten installieren. „Orbidanse“ (Orbital Big Data Analytics Service) heißt das Vorhaben, das Baumann so erklärt: „Daten können von einem Satelliten nur übertragen werden, wenn er gerade über eine Bodenstation fliegt. Dieses Zeitfenster ist eng, bei Übertragungsfehlern manchmal zu eng: Daten können verloren gehen. Jetzt soll der Satellit mithilfe von Rasdaman erstmals konkrete Fragen beantworten, zum Beispiel nach der Ausbreitung eines Ölteppichs im Golf von Mexiko. Solche präzisen Fragen liefern präzisere und damit kürzere Antworten, die auch sicher im Zeitfenster übertragen werden können. Das ist eine völlig neue Qualität.“
 
Bereits seit 2004 forscht und lehrt der passionierte Salsa-Tänzer an der Jacobs University. Es war die Chance, etwas Neues mit aufzubauen, die ihn nach Bremen zog. Und es ist die Internationalität und die Interdisziplinarität der privaten, forschenden Universität, die ihn immer wieder motiviert. „Als Informatiker sitzt man normalerweise vor dem Monitor und grübelt etwas aus. Hier komme ich mit Geologen und Gehirnforschern, mit Kosmologen und Seismologen zusammen. Das empfinde ich als persönlich sehr bereichernd, und wissenschaftlich bringt uns das alle voran.“
 
Bereichernd – das sind für ihn auch seine Studierenden. Sie stammen aus gut einem Dutzend Ländern. Baumann bindet sie früh in seine Forschungsprojekte ein. Wie er sind sie nicht nur an der Theorie, sondern auch an Anwendungen und Lösungen interessiert. Das macht sie zu gefragten Absolventen. Etwa ein Drittel geht nach dem Abschluss in die Forschung, zwei Drittel in die Industrie.
 
Baumanns Forschungsinteresse trägt einer der neueste Studiengänge an der Jacobs University Rechnung: Data Engineering. In dem Maße, in dem die Datenflut anschwillt, braucht es Menschen, die in der Lage sind, sie zu analysieren und zu interpretieren. Informatiker verstünden zwar viel über Computer und Algorithmen, sagt Baumann, aber sie wüsste nicht genug über die Interpretation der Daten, etwa in den Geowissenschaften. Dabei käme es heutzutage auf übergreifende Kompetenzen an. „Das entspricht genau dem Ansatz der Jacobs University. Wir bilden diese  interdisziplinären Brückenbauer zwischen den Welten aus“, so Peter Baumann.  
 
Weitere Informationen unter:
 
„Big Earth Data – die digitalisierte Erde“: Dokumentation zu Daten über die Erde und ihre Auswertung mit Prof. Baumann
 
 
Fragen beantwortet: 
Prof. Dr. Peter Baumann |  Professor für Computer Science 
p.baumann [at] jacobs-university.de | Tel: +49 421 200-3178